Unterstützung für Menschen in prekären Lebenssituationen
Stiftung FGB: Was macht Ihr Fonds und wie sind Sie mit der Stiftung FGB verbunden?
Michael Baumgartner: Mit der Anthroposophie verbunden, kannte ich die Stiftung FGB schon, als sie nur eine Idee war. Als wir dann Menschen mit berechtigten Anliegen, die nur schwer Unterstützung finden, mit wenig Aufwand finanziell helfen wollten, schien uns die Zusammenarbeit mit der Stiftung FGB sinnvoll. Eine eigene Stiftung wollten wir nicht gründen.
Stiftung FGB: Wie sind Sie zu Ihrer Tätigkeit mit dem Fonds gekommen?
MB: In unserer Familie hatte soziale Hilfe eine lange Tradition. Meine Schwester und ich sind zudem in sozialen Berufen tätig. Das hilft, die Unterstützungswürdigkeit auch professionell beleuchten zu können. Auch in unserem sozialen Umfeld werden immer wieder Menschen unterstützt, deren berechtigte Anliegen bei keiner offiziellen Stelle Gehör und Hilfe finden. Irgendwann haben wir mal zusammengestellt, wie gross diese Beträge sind, und beschlossen, einen Fonds zu gründen, damit diese grosszügigen Hilfen wenigstens von den Steuern abgezogen werden können. So ist letztes Jahr der Fonds ConVive entstanden (übrigens nach einem englischen Vorbild). Das meiste Geld wird immer noch für Flüchtlinge und Sans-Papiers ausgegeben, die sich in prekären Lebenssituationen befinden. Anwalts- und Gesundheitskosten machen einen grossen Teil der Unterstützung aus. Immer handelt es sich um Aufwände, die als berechtigt erachtet werden müssen, wo aber keine Stelle Hilfe bietet. Unser Kreis der Unterstützenden schätzt es sehr, dass der Fonds hilft, das Geld mit nur minimalen Kosten direkt den Betroffenen zugute kommen lassen. Einige wollen über den Verlauf der Unterstützung informiert werden; anderen genügt es, dass sie uns persönlich kennen.
Gab es entscheidende Momente für Sie, den Fonds zu gründen?
MB: Wir kannten den ehemaligen Geschäftsführer der Freien Gemeinschaftsbank. Er hat die Stiftung aufgebaut und uns diese Möglichkeit angeboten, sollten wir unsere Unterstützungstätigkeit unter ein geregeltes Dach bringen wollen. Als uns bewusst wurde, wie viele Menschen so wie wir andern Menschen mit kleinen und grossen finanziellen Beiträgen helfen, ohne diese Spenden steuerlich abziehen zu dürfen – da war der Schritt getan.
Hatten Sie bisher Zweifel oder Schwierigkeiten, was Ihre Initiative angeht?
MB: Nein, nie! Wir suchen immer neue Spenderinnen und Spender, da sich unser Bekanntenkreis langsam erschöpft.
Was sind aktuelle Themen/Fragen, an denen Sie arbeiten?
Menschen zu helfen, die Opfer behördlicher Willkür werden und so in prekäre Lebenssituationen kommen – gerade Asylsuchende, die nach geltendem Recht Asyl erhalten sollten, es aber nicht erhalten, sind nach unseren Erfahrungen stark davon betroffen.
Was hat sich für Sie durch die Arbeit verändert? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir investieren zunehmend mehr in Freiwilligenarbeit, was neben der bezahlten Arbeit manchmal schwer zu bewältigen ist. Trotzdem finden wir immer wieder Menschen, die unsere Arbeit beeindruckt. Wir hoffen natürlich, dass sich das auch in Spenden niederschlägt. Leider haben wir nicht auch noch die Zeit, unseren Fonds zu bewirtschaften und Werbung zu machen. Da sind wir der Stiftung FGB dankbar!
Was bedeutet Gemeinschaft in Ihrer Arbeit?
Geld gibt es genug in der Welt, nur kommt es leider häufig nicht da an, wo es sollte. Da kann die Gemeinschaft eintreten, indem Menschen Menschen helfen und beistehen, gerade dann, wenn die Not des andern am grössten ist - mit Herz, Verstand und Tat, von Mensch zu Mensch und auch über die eigene Gemeinschaft hinaus.
Dieses Interview erschien in unserem Jahresbericht 2019.