Gemeinwohl, junge Menschen und Reformprojekte
Wie sind Sie mit der Stiftung FGB verbunden?
Mirka Hurter: Mein erster Kontakt zur Stiftung FGB entstand durch Viktoria Schwab. Über die Stiftung FGB hat stART international eine Förderung für ein Projekt erhalten, worüber wir sehr dankbar sind. Grundsätzlich erlebe ich den Austausch als ermutigend, erfrischend und weiterführend. Das ist sehr schön.
Wie sind Sie zu Ihrer Tätigkeit gekommen? Gab es entscheidende Momente dafür?
MH: Schon lange hatte ich das Herzensanliegen, in einem Bereich tätig zu sein, der internationale Friedensarbeit mit individuellen Entwicklungsprozessen verbindet. Ein prägendes Erlebnis für mich war ein neunmonatiger Aufenthalt und die Tätigkeit in einer Schule in Gambia, Westafrika, im Jahr 2008. Unsere Mitarbeiter:innen verfügen über langjährige Berufserfahrung und können so beispielsweise inmitten von Unruhen Momente der Ruhe entstehen lassen. Inmitten eines von Zerstörung geprägten Lebens ist dies für Kinder keine Selbstverständlichkeit, und unsere Arbeit hat so eine resilienzstärkende und heilsame Wirkung. Ich erlebe, wie viel Herzblut in diese Organisation fliesst, wie viele Menschen, die sich engagieren, ihre Zeit, Erfahrung und auch ihr Geld in diese Arbeit fliessen lassen. Das ist sehr bewegend.
Was sind aktuelle Themen/Fragen, an denen Sie arbeiten?
MH: stART arbeitet an vielen Projekten parallel. Im Moment für uns ein besonderes Highlight: Ein Lehr- und Praxisbuch » Kinder stärken – Zukunft gestalten. Pädagogisch-therapeutisches Lehr- und Praxisbuch zu Trauma, Widerstandskraft, Kunst und sozialer Beweglichkeit «, das wir im Verlag Freies Geistesleben herausgegeben und wofür wir Videos produziert haben. Ein aktuelles Beispiel ist die Arbeit in Lesbos im Camp Moria, einem der grössten Flüchtlingscamps Europas. Die Lage hier hat sich in den vergangenen Monaten massiv verschärft: Mittlerweile leben etwa 19.000 Menschen in einem Camp, dass nur für 3.000 Menschen gedacht war. Entsprechend reicht die Anlage bei weitem nicht aus. Das führt natürlich zu allgemeiner Anspannung und erhöhter Gewaltbereitschaft im Camp. Inmitten dieser Situation befinden sich Hunderte Kinder. Hier errichteten wir einen » Child Friendly Space «. Für den Umgang mit Kindern in Not im nicht-therapeutischen Setting entwickelte stART einen eigenen Ansatz.
Was hat sich für Sie durch die Arbeit verändert? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
MH: Durch diese Arbeit habe ich gelernt, wie wichtig Traumaarbeit, Kunst und ganzheitliche Pädagogik in der Nothilfe, Entwicklungszusammenarbeit und für das soziale Miteinander sind. Hier sehe ich einen riesigen Bedarf sowohl für betroffene Kinder als auch für unsere Gesellschaft allgemein. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Themen Trauma und Resilienz, mitsamt einem künstlerisch-pädagogisch-traumatherapeutischen Ansatz, zu einem etablierten Bereich und Teil der internationalen Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit werden und so noch viel mehr Menschen davon profitieren können.
Was bedeutet Gemeinschaft in Ihrer Arbeit?
MH: Aktuelle Herausforderung ist die Suche nach Dauerspender:innen, die unsere Arbeit unterstützen wollen. Es mag erstaunlich klingen, aber wir kämpfen immer noch darum, die Menschen in der Geschäftsstelle dauerhaft bezahlen zu können, obwohl die Organisation mittlerweile recht groß ist. Davon hängt auch ab, ob ich bei stART bleiben kann. Die Geschäftsstelle leistet sowohl Koordination, Planung und Weiterentwicklung als auch Qualitätsmanagement der Projekte, Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising. Ohne diese Arbeit könnten wir nicht an so vielen Einsatzorten tätig sein. In den letzten 12 Jahren haben meine Kolleg:innen sehr viel im Ehrenamt geleistet, was nun nicht mehr möglich ist. Wir hoffen, dass unsere Arbeit in Zukunft angemessen entlöhnt werden kann. In diesem Sinne ist unsere Arbeit ohne eine Gemeinschaft, die sie ideell, praktisch und auch finanziell mitträgt, nicht möglich.
Erfahren Sie hier mehr über das Projekt.
Dieses Interview erschien in unserem Jahresbericht 2019.